Teil 12: Die nächste Prüfung überrascht uns am Abend

Am nächsten Tag versuchte ich das Hämmern, Kreischen, Scheppern der Baustelle umzudeuten, mich selbst zu hypnotisieren, damit mir die Geräusche nicht mehr so viel ausmachten. Versuche, mich zu beruhigen.

Das war mir bei den ersten nachbarschaftlichen Bauarbeiten schon mal gelungen, als viele tagelang eine Putzschicht der Wand zu unserem Haus mit Boschhammer und per Hand abgeschlagen wurde.

Damals hatte ich mir vorgestellt, meine Zähne würden von kleinen Zwergen bearbeitet, die diese Geräusche machten. Das ging eine ganze zeitlang gut, die Situation war anstrengend, aber ich konnte so damit umgehen. Als es aber viel länger dauerte als geplant und neue Stressoren dazu kamen, kippte die Wirkung meiner Hilfe.

Beim Frühstück habe ich meinen Mann gebeten, laut Musik aufzulegen, die wir beide mögen und von der Störung ablenkt. Später habe ich über die Kopfhörer Musik gehört. Ansonsten habe ich mich in Dankbarkeit geübt, mich für all das Gute bedankt, um das Energiefeld zu verbessern und in Resonanz mit etwas positivem, statt negativem zu gehen.

Wir machten einen Ausflug nach Loekken, spazierten mit Minu zur Mole, ließen uns den Wind um die Nase wehen und genossen das schöne Dänemarkgefühl von Freiheit.

Und Freitag gegen eins war Wochenende. Endlich! Die Handwerker hatten Hammer, Kreissäge und Stemmeisen weggelegt und würden uns bis Montag in Ruhe lassen. HÜHÜPF!

Jetzt konnten wir uns entspannen und die Naturgeräusche genießen!

Es war kalt draußen und windig. Also machte ich es mir drinnen vor den großen Terrassenfenstern mit Blick auf das Meer gemütlich. Der Sichtschutz lenkte den Blick wunderbar.

Ich bereitete mir einen Bananen-Schokodrink zu, stellte die beiden Korbsessel zusammen, legte mir ein Kissen in den Rücken und schnappte mir "Halali", das neue Buch von Ingrid Noll. Jaaaaaaa: Lesen! Das herrliche und so sehr ersehnte Urlaubsgefühl stellte sich wieder ein.

Nun fühlte ich mich ungestört, sicher und geborgen und entspannte von Minute zu Minute mehr. Ich atmete auf und ein und aus ...

Freitag Abend frischte der Wind auf. Es war kurz nach 20 Uhr, unser Wohnzimmer hell erleuchtet. Der Fernseher lief. Minu lag in ihrem Körbchen. Draußen war es dunkel und laut. Der Sichtschutz klapperte immer lauter. „Sollen wir den Tisch noch davor schieben, damit es besser hält?“, fragte ich meinen Mann. Der nickte. Ich zog mir Schluffen an, mein Mann wollte nichts an die Füße ziehen, gut ja, ein T-Shirt zog er über. 

Da draußen Mückenschwärme die letzten Tage vor unserem Fenster schwebten und die von Licht magisch angezogen werden, zog ich die Glastüre am Balkon zu, damit uns nicht noch mehr im Wohnraum ärgerten. Wir stellten den Tisch vor den Sichtschutz, brrr frisch, schnell wieder rein in das gemütliche Wohnzimmer und weiter Fernseh schauen. Ich wollte die Türe aufziehen.

Es ging nicht. Sie war verschlossen. Das konnte doch nicht sein! Nein! Von drinnen guckte uns Minu an. Wir versuchten die Türen mit den Händen offen zu schieben. Keine Chance. Die andere Seite probiert. Es ging nicht. Keine der vier Glastüren war von außen zu öffnen! Das darf nicht wahr sein! Was war diesen Urlaub nur los?! 

Da standen wir auf dem Balkon, ich in Jogginghose, Schluffen und T-Shirt (zum Glück auch mit BH...). Mein Mann in kurzer Hose, Shirt, nackten Füßen. Kein Handy dabei, keine Telefonnummer von irgendwem, nix. Rundherum Dunkelheit. Hier in der Einsamkeit gibt es keine Straßenbeleuchtung. Keine Außenbeleuchtung. Unter uns irgendwo in ca. 1, 80 bis 2,20 Meter war der Boden.

Der Wind brauste laut und kalt ums Haus. Weiter oberhalb war ein Haus hell beleuchtet, auf der Terrasse johlten junge beschwipste Dänen in Bademänteln. Wer sollte uns hier rufen hören? 

Diese Situation fühlte sich so schräg an. Wir stehen draußen in der Dunkelheit, ausgeschlossen, drinnen hell erleuchtet ginge der Urlaub weiter.

Hier geht es weiter mit Teil 13: Wie kommen wir da wieder rein?

* * * Bisher erschienen:

Dänemark - eine besondere Urlaubsreise - erzählt in 24 Episoden

Teil 1: Angekommen am Meer - Das Ferienhaus

Teil 2: Das erste mal am Strand - wo ist der Ausgang?

Teil 3: Schöner Bummel-Sonntag in Loekken

Teil 4: Die erste Prüfung beginnt

Teil 5: Pech und Glück liegen nah beieinander. Wilde Blüten und Strandbuggyspaß

Teil 6: Aktiv werden. Wie kann ich mir beistehen?

Teil 7: Es tut sich was. Hoffnung. War das denn immer schon so? Hochsensiblität.

Teil 8: Die Chancen im Unglück entdecken – Entscheidung

Teil 9: Die Stärke der Natur und wie kommen wir da blos wieder raus?

Teil 10: Festgefahrene Situation

Teil 11: Und nu? Helfer in der Not.  

Was für ein Urlaub! (Einen Abenteuerurlaub hatten wir eigentlich nicht gebucht ...)

Ihre Anja Kolberg

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Erstellt durch: Anja Kolberg am Dienstag, 12 Dezember, 2017
Thema: Blog - 2017, 2. Halbjahr, Blog - Dänemark
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