Ein gradliniger Freund: Mein Körper
Am Wochenende wünschte ich mir eine Stelle, an der ich meinen Körper umtauschen kann. Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, kaum Energie machten mich mürbe.
Es fing damit an, dass ich wegen eines entzündeten Zahnnervs Antibiotika nehmen musste. Das war vor drei Wochen. Ich war skeptisch, weil mein Körper diese Medikamente nicht gut verträgt. Da ich sie allerdings äußerst selten nehme (das letzte Mal vor sechs oder acht Jahren) und ich auch keine versteckten Antibiotika über die Ernährung (keine tierischen Produkte) aufnehme und es helfen sollte, meinen Zahn lebendig zu halten, stimmte ich zu.
Mit der Einnahme begann die Müdigkeit. Am Ende der viertägigen Medikamentenzeit bekam ich Durchfall. Die Müdigkeit hörte danach nicht auf. Ich schob es in der Woche darauf auf meine Periode, die mich häufig müde macht - dann auf zu langes Aufbleiben. Immer gab es Schwankungen, dann war mal kurzzeitig alles ok. Doch in der letzten Woche gab es keine Ausreden.
Da wurde die Schlappheit stärker: Ich war abends zum Teil schon um neun schon im Bett und schlief an drei Nachmittagen sogar mehrere Stunden. Ich konnte nur ein oder zwei Stunden ohne Einschränkungen arbeiten, dann fielen mir die Augen zu und ich konnte mich nicht mehr richtig konzentrieren. Legte ich mich hin, konnte ich nicht zur Ruhe kommen. Arg! Dazu der immer wiederkehrende Durchfall.
Auch die begonnene Eisenkur, die ich einmal jährlich mache, führte eher zu mehr Müdigkeit, dabei bewirkt sie bei mir sonst das Gegenteil. Ich finde es total doof, wenn mein Körper so ist. Deswegen kam dann der Wunsch auf, den Körper umtauschen zu können, um endlich Ruhe bzw. Energie zu haben...
Seufz. Ich weiß, so einfach ist es nicht. Ich habe einfach erst mal keinen Bock, mich aus meiner Bequemlichkeit, meiner Gewohnheit hinaus zu bewegen, um herauszufinden, was da los ist. Ich habe keine große Lust, zum Arzt zu gehen. Das alles strengt mich an und ich will es am liebsten gar nicht.
Ich nahm mir deswegen letzte Woche vor, wieder mit den grünen Smoothies anzufangen. Die hatten mir im Frühjahr so viel Energie gegeben und mich aus einer Schlappheitsphase befreit. Auch wenn sie mir an zwei Tagen halfen, machte es keinen wirklichen Spaß. Grund: Mein Handmixer kam an seine Grenzen. Die grünen Kraftgetränke blieben fasrig.
Durch den Austausch mit lieben Menschen bin ich dann an einen Zusammenhang meiner Symptome mit meiner Schilddrüse erinnert worden. (Ich habe die Autoimmunerkrankung Hashimoto, bei der das Immunsystem die körpereigenen Zellen der Schilddrüse angreift, was mit einer Unterfunktion einhergeht.) Ebenso an die Antibiotika-Gabe und deren Eigenart, die Darmflora zu zerstören.
Das Immunsystem und der Darm hängen stark zusammen und nur ein gesunder Darm kann die Nährstoffe aus der Nahrung verwerten. Mir fiel es wie Schuppen von den Augen: Ja klar, wie sollte der Körper Nährstoffe aufnehmen, wenn auch alle guten Darmbakterien mit den Medikamenten zerstört worden sind? Wie sollte ich da fit sein, kraftvoll und konzentriert?
Weil ich nicht viel Lust hatte, zum Arzt zu gehen, beschloss ich, mich zunächst mit dem Thema Darmflora zu beschäftigen. Nachdem ich darüber viel gelesen, auch über meine Autoimmunerkrankung und auch nachgedacht habe, kann ich jetzt meinen Körper wieder als meinen Freund sehen, den ich nicht umtauschen möchte. Er hat mir durch seine Symptome gezeigt: Es ist was nicht in Ordnung - kümmere dich um mich.
Mein Focus liegt bei mir interessensbedingt immer stark auf meiner Seele und der Nahrung für meinen Geist. Meinen Körper sehe ich als super funktionierenden Begleiter an, um den ich mich nicht groß kümmern muss - aber bisher nicht als Tempel meiner Seele. Dabei hat er verdient, genau so gesehen zu werden. Ein kostbares Gut, das gepflegt, gesehen und mit guter Nahrung versorgt werden will. Ich begreife das aber immer erst, wenn etwas nicht mehr so funktioniert wie vorher... Dieser Fall ist jetzt eingetreten.
Nach der intensiven Beschäftigung mit den Auswirkungen der Antibiotika-Therapie auf meinen Darm und was ich tun kann, um mir selbst zu helfen, habe ich mich jetzt für eine natürliche Darmsanierung entschieden und den gleichzeitigen Aufbau meiner Darmflora.
Sollte es danach nicht besser sein, stiefel ich zum Doc. In den nächsten vier Wochen versuche ich auch auf den Säure-Basen-Haushalt zu achten. Keinen Kaffee, kein Mineralwasser, wenig Fertigprodukte, wenig (so wenig ich kann) Weißmehl und Zucker, auch wenig Fertig-Sojaprodukte zu mir zu nehmen. Muss ich nicht, es stärkt aber den Heilungsprozess.
Ansonsten bin ich mit meiner veganen Ernährung (kein Fleisch, kein Fisch, keine Eier, keine Milchprodukte - kurz nur pflanzliches) auf einem guten Weg - allerdings mache ich das ja nicht aus gesundheitlichen Gründen. Das bedeutet auch, dass ich viel industriell verarbeitetes zu mir nehme, was auch nicht gut für meinen Organismus ist. Ich muss nur mal auf die Zutatenliste schauen... Das weiß ich schon länger, hatte bisher aber keinen Anlass, dort genauer hinzuschauen.
Ich ernähre mich vegan aus Mitgefühl mit den Tieren. Das Gesunde dieser Ernährung ist für mich eher eine sehr angenehme Begleiterscheinung. Meine Gerichte sind ganz normale Durchschnittsernährung, nur eben ohne tierische Produkte. Vegan heißt aber nicht gleichzeitig unbedingt gesund: Weißmehl, Fritten, Chips, Schokolade, Süßigkeiten, veganer Käse und Aufschnitt, Sojapudding, Fleischersatzprodukte aus Soja - sind beispielsweise alle vegan oder in rein pflanzlicher Variante zu bekommen.
Ich könnte mir echt mehr Mühe geben, mich gesünder zu ernähren, z.B. mehr frisches Gemüse und Obst, weniger Zucker, weniger Weißmehl, weniger Kaffee... bisher gab es aber keinen Grund dazu. Ich sehe Ernährung eher - ganz ehrlich - als lästiges Übel an. Ich habe nicht viel Spaß am Kochen. Ich mache es, weil es gemacht werden muss.
Lustvolles, sinnliches Zubereiten der Nahrung klingt herrlich anziehend. Es erfordert aber eine andere Einstellung zum Essen, zum Körper, zu Lebensmitteln, zur Nahrung für meinen Körper, die ich bisher nicht hatte.
Mein Körper fordert diesen Raum jetzt ein, bzw. lässt mir keine andere Wahl. Ich habe - wie es bei meiner veganen Umstellung auch war - den Wunsch nach Veränderung schon länger im Kopf, aber ihn nicht umgesetzt.
Beim veganen Essen war es die Tatsache, dass ich Tiere liebe und sie nicht essen wollte, die ich Jahre mit mir herum trug. Ich schaffte es aber nicht, auf ihre - meiner geschmacklichen Gewohnheit bekannten - Körperteile und Produkte zu verzichten.
Eine Umstellung erfordert Zeit und Motivation. Bei der veganen Ernährung löste eine Nachricht über das Leid der Pferde in Irland eine Verkettung von Informationen aus. Mein Mann war zu der Zeit im Krankenhaus und ich hatte abends übermäßig viel Zeit fürs Surfen. Die Informationen brachten mich schließlich auch zur Massentierhaltung und was das für die Seelchen bedeutet, an deren Körper wir ranwollen.
Diese Erkenntnisse, dieses Mitgefühl mit den Tieren und der Entschluss 'Ich mach da nicht mehr mit.' - waren meine Motivation, auf tierisches Essen zu verzichten. [Meine Ethik ... und die Schwierigkeiten danach zu leben]
Für eine gesunde Ernährung, also ohne industriell hergestellte pflanzliche Lebensmittel, fehlte diese Motivation. Ich mag nun mal Kuchen, Schokolade, Süßigkeiten...
Aber gut, es gibt zwischen zwei Extremen (also zwischen industriell geprägter veganer Ernährung und Rohkost/rein natürlicher pflanzlicher Ernährung) ja immer die Mitte und auch die wird mir bestimmt gesundheitliche Besserung bringen.
Und ich habe bei der Umstellung zur veganen Ernährung gemerkt, wie stark der Gewohnheitsfaktor eine Rolle spielt, ja fast süchtige Strukturen zu spüren waren, als ich ein Gericht ohne die üblichen tierischen Zutaten herstellen wollte. So ist es wohl auch, wenn ich auf Zucker verzichte oder auf das gewohnte Weißmehl. Mein Körper ist es gewohnt und hat keinen Bock, darauf zu verzichten.
Also braucht es eine starke Motivation von mir (Schlappheit), damit ich diese Hürden überwinde. Jetzt also die Darmpflege und zurück zu den grünen Smoothies.
Zum Ausprobieren, ob ich mit den Smoothies überhaupt klar komme, ob sie mir was bringen, war der Handmixer ok. Ich hatte ja wirklich mehr Kraft und Schwung, fühlte mich besser, hatte mehr Appetit auf Gemüse und Obst. Man kann Smoothies mit Kohlrabiblättern, Giersch und anderen Wildkräutern, Salaten, Möhrengrün uvm. machen. Es ist faszinierend, dass z.T. mehr Nährstoffe in den Blättern stecken statt im eigentlichen Gemüse.
Um dieses faserige Grün zu einer cremigen Masse verarbeiten zu können, braucht man/frau einen Hochleistungsmixer. Der schafft es nach einer Minute Verarbeitung auch, die Pflanzenbestandteile so aufzubrechen, das alle Nährstoffe dem Körper sofort zur Verfügung stehen. Schon lange habe ich deswegen geplant, mir dies Küchengerät anzuschaffen.
Das bedeutet aber erst mal Beschäftigung mit den vielen Möglichkeiten am Markt, was mich nervt. Angestoßen durch die Müdigkeit - und die leichte Verbesserung an den beiden Tagen, wo ich sie mir letzte Woche zubereitete - hatte ich jetzt die nötige Motivation. Nach tagelangem Suchen habe ich ein Gerät ausgewählt. Das werde ich mir nun zulegen. Damit werde ich meine Gesundheit weiter stärken und so hoffentlich bald mehr Energie, Schwung und Konzentration haben.
Ich bin stolz, dass es mir gelungen ist, mich trotz dieser intensiven Zeit auf meinen Kalender zu konzentrieren. Seit Samstag sind die Daten in der Druckerei. Zwei Motive wird es wieder geben. Dazu mehr in den nächsten Wochen. Mein nächstes Projekt ist jetzt der Webshop. Es gibt neue Bestimmungen fürs Widerrufsrecht, die muss ich einpflegen, neue Artikel anlegen...
Für mich ist es schwer, zu akzeptieren, anzunehmen, dass ich viele Ideen im Kopf habe - ich möchte nämlich sooooo viel mehr machen - aber mein Körper oder meine Seele einfach nicht mitspielen. Wo sonst meine Seele blockiert, sagt diesmal der Körper: STOPP! Jetzt bin ich erst mal dran. Schau mal, wie es mir geht. Das mit den Medis war nötig, ja, aber jetzt sorg auch dafür, dass ich wieder fit werde und jede Menge Vitamine tanke.
Das mache ich jetzt. Hab's eingesehen, einsehen müssen. Mein Körper. Ein gradliniger Freund, der mir immer sagt, wenn etwas nicht im Lot ist.
Danke dafür!
Ihre, den Lebensweg immer wieder annehmende
Anja Kolberg
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Thema: Blog - 2014, 2. Halbjahr, Blog - Körper & Schmerzen
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